Warum fotografierst du eigentlich?

Ursprünglich wollte ich ja etwas über Langzeitbelichtung schreiben, ein bisschen über das Reziprozitätsgesetz von Bunsen und Roscoe philosophieren 🙄 , ein gerade neu „produziertes“ Foto zeigen und danach alles wie gewohnt in die jeweiligen Kanäle der sozialen Medien schieben. Aber unverhofft kommt oft 🙂 Das Foto um das es mir ging, ist das am Artikelende, das ich vor Kurzem am Main in Frankfurt schoss. Ich wollte auch ein vorher/nachher, incl. Bearbeitungsschritten in Lightroom vorstellen. Das alles wird in der ein oder anderen Form mit Sicherheit noch folgen. Aber vorher beschäftigt mich in diesem Zusammenhang gerade etwas anderes.

Erst neulich hab ich durch Zufall wieder einen etwas älteren Artikel von Eric Kim beim Durchstöbern seines Blogs entdeckt der mich beschäftigte. Der Titel ist hier Programm: How Many “Favorites” Or “Likes” Are Enough? (Es versteht sich von selbst, dass ich diesen Artikel empfehle, oder? Übrigens gefällt mir seine Idee ziemlich gut, mal aus fotografischer Sicht ein Jahr eine Auszeit von den sozialen Plattformen zu nehmen und ein fotografisches Projekt zu Ende zu verfolgen und erst dann die Ergebnisse zu veröffentlichen.)

Die Frage hier ist tatsächlich auch aus einer anderen Perspektive sehr interessant: warum überhaupt fotografiere ich? Mal abgesehen von Berufsfotografen, die damit ihr tägliches Brot erwerben (müssen?) und daher genau wissen (müssten?), wieso sie fotografieren, vermute ich mal, dass sich die wenigsten Fotografen gerade am Anfang mit dieser Fragestellung auseinandersetzen.

Warum fotografierst du?

Ich frag das aus dem Grund, weil ich mich selber erst kürzlich dabei erwischt habe, wie ich _versuchte_ entgegen meiner Prinzipien Bilder zu schießen, die nicht in erster Linie mir selber gefallen, sondern „den anderen“. Natürlich ist das menschliche Bedürfnis nach Anerkennung, Ruhm und Ehre nichts verwerfliches, außer man macht es dazu. Natürlich darf man sich darüber freuen, wenn andere Leute beim Anblick der eigenen Bilder dieses auf den jeweiligen sozialen Plattformen „liken“, „faven“ und kommentieren. Das will ich in keinster Weise verurteilen. Das mach ich ja genau so. Es gibt hier kein gut oder böse, es geht mir tatsächlich nur um die Sicht auf die eigenen Bilder und die Beweggründe dahinter.

Es ist ja eigentlich ganz einfach. Jeder der leidenschaftlich fotografiert, fotografiert Dinge, Personen, Orte, Städte, ect. weil er das Fotografieren liebt. Im Prinzip ist es relativ egal, wo oder was man fotografiert, hauptsache ist doch, dass man fotografiert. Dann fängt man an, seine Bilder anderen Leuten zu zeigen, eine eigene Website aufzubauen, die Bilder bei flickr, 500px & Co. hochzuladen  und zwangsläufig sammelt man sich eine mehr oder weniger große Fangemeinde um sich herum an. Und irgendwann kommt man unweigerlich an den einen Punkt, an dem man bewusst oder auch nicht, die Fotos den Bedürfnissen seines Publikums anpassen möchte oder wenigstens einen Gedanken daran verschwendet, weil man die daraus resultierenden „likes“, „faves“ und Kommentare nicht nur als Maßstab für die Qualität der eigenen Fotos heranzieht, sondern diese evtl. auch sogar zur Motivationsquelle werden lässt. Mehr oder weniger. Kommt euch das bekannt vor?

Ich bin da genau so anfällig, wie alle anderen. Wenn ich sagen würde, dass mir der Beifall für meine Fotos egal wäre oder nicht wichtig, würde ich lügen. Macht euch nix vor, wir sind keine Samariter. Und doch ist es ein Unterschied, ob ich die Kamera in die Hand nehme, das nächste Foto schieße und dabei nur wieder die nächsten klatschenden, bzw. in unserem Fall die „likenden“ und „favenden“ Händen im Blick habe oder ob ich tatsächlich das im Fokus habe, was ICH fotografieren und sehen will.

Ähnlich gelagert sind Kommentare gutmeinender Kollegen, die glauben mit ihren Beiträgen konstruktiv sein zu können. So z.B. bei dem Foto aus dem Beitrag Kontraste Baby!!! (das übrigens mein jüngster Sohn schoss), das ich auf einer fotografisch orientierten sozialen Plattform hochgeladen habe. Er kommentierte in etwa mit den Worten, dass er etwas mehr Belichtung gut fände. Als ich das las, wusste ich im ersten Augenblick nicht, was ich damit anfangen sollte und ehrlich gesagt, weiß ich es bis heute nicht. Und geholfen hat es uns beiden nicht. Aber das Thema könnte einen ganzen eigenen Artikel füllen.

Was andere gut finden, muss nicht zwangsläufig auch gut sein. Ich bin der Meinung, dass Popularität kein ehrlicher Maßstab für Qualität ist. Natürlich muss man hier den kommerziellen Bereich etwas ausblenden. Wobei ich mich da bei dem ein oder anderen „bekannten“ Fotografen auch manchmal wertneutral frage, ob der Bekanntheitsgrad nun deswegen steigt, weil die Bilder so phänomenal sind oder weil der oder diejenige im Vermarkten des eigenen Businesses ein Ass ist. Versteht mich nicht falsch, ich habe höchsten Respekt vor denen, die ein grundsolides und wachsendes Geschäft auf die Beine gestellt haben. Meine Gedanken sind eher philosophischer Art 🙂

Wieviele „likes“ und „faves“ brauche ich nun wirklich?

Meine persönliche Meinung ist die folgende: es sollte eigentlich ausreichen, wenn der beste Freund dir sagt, dass dein Bild nix geworden ist oder dass er es sich gerne an die Wand hängen möchte, weil es so unglaublich genial ist. Eine einzige ehrlich Bestätigung zu bekommen, ist mehr wert als alles andere.

Als ich vor einigen Wochen die Besucherzahlen, faves und Kommentare zu meinem Foto des Eiffelturms aus dem Beitrag Paris explored auf flickr.com förmlich explodieren sah, habe ich mich natürlich wie ein Keks gefreut. Und als neulich das hier unten vorgestellte Foto des Holbeinstegs auf flickr.com sich in ähnlich rasanter Weise dort entwickelte und ebenfalls im flickr.com Explore landete (was auch immer das bedeuten mag), hüpfte ich innerlich wieder vor Freude hoch. Endorphine sind schon was tolles :mrgreen: Aber mal Hand auf’s Herz?! Die Welt dreht sich immer noch weiter und meine Art zu fotografieren hat sich dadurch nicht verbessert.

Aber ich hatte tatsächlich einen leichten Höhenflug und fragte mich kurz, welches meiner nächsten Fotos wohl wieder den gleichen Weg gehen könnte und was ich da wohl als nächstes fotografieren sollte. Dann stellte ich mich glücklicherweise mal kurz innerlich neben mich, schaute mich kritisch von oben herab an und schlug mir kurz, aber kräftig und mächtig authoritär auf den Hinterkopf! 😉

Man könnte dieses Hinterfragen nun natürlich auch auf die einzelnen Bilder runterbrechen und sich bei jedem Schritt, bei jeder Motivauswahl, bei jeder Wahl des Objektives, des Lichts, etc. fragen, wieso man eigentlich das tut, was man gerade macht und welches Ziel man wirklich verfolgt. Das sollte man auch tatsächlich machen, aber das führt hier einfach zu weit. Mir geht es im Moment erst mal nur um die allererste und grundsätzliche Frage aller Fragen. Und die Frage bleibt doch täglich dieselbe, wenn ich meine Kamera in die Hand nehme: Warum fotografiere ich eigentlich?

Nun seid ihr gefragt!
Mich würde nun wirklich interessieren, wie das bei anderen ist. Wieso fotografierst du eigenltich? Es müssen ja keine tiefgehenden Bekenntnisse sein. Die Aussage, weil Nikon einfach geil ist, ist ja theoretisch auch ein Grund zu fotografieren. Also, über Kommentare und regen Austausch freue ich mich jetzt schon Riesig. 🙂

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20 Kommentare

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Hej,
ich habe mit der Fotografie angefangen, weil ich Erinnerungen festhalten wollte. Zunächst nur für mich. Dann hat es mich aber gepackt, meine damalige Nikon hat einfach zu viel Spaß gemacht und ich bin nicht mehr davon los gekommen 😉

Hallo Soeren! Erinnerungen festhalten zu wollen ist meiner Meinung nach einer der schönsten Gründe zu fotografieren. Nicht umsonst ist das auch der Leitspruch meines Blogs 😉 Ich wünsch dir weiterhin gutes Licht dafür. VG, Ivan

Du hast diese Frage ausführlich beantwortet und hast für mich einige Aspekte angesprochen, über die ich mir jetzt genauer Gedanken machen werde. Und ich werde mir diese Frage in einem extra Artikel bei mir stellen. Werd mich auf deinen Artikel beziehen. Danke für den Anstoß! 🙂

Fotografie macht einfach Spaß! Und das soll sie auch. Fotografie ist so facettenreich, so vielschichtig und geheimnisvoll. Fotografie ist technisch und emotional… und Fotografie ist ein Zeitmaschine, mit der man die Zeit anhalten und auf dem Foto später in die Vergangenheit zurück kann…zumindest ein bisschen. Und es macht (mir) einfach Spaß, Menschen und Emotionen zu fotografieren. Der Versuch, ein Portrait zu fotografieren, dass auch dem Protagonisten auf dem Foto gefällt, ist für ich immer wieder Antrieb, Freude und Befriedigung.

Den Einstieg in die Welt der Bilder fand ich über das iPhone und Fotosharingcommunities eher zufällig- und blieb dabei. Sicherlich stehe ich noch ganz am Anfang, ich beschäftige mich erst seit diesem Jahr ernsthafter mit meiner DSLR, aber die Frage nach dem Antrieb habe ich mir selbst auch schon öfter gestellt. Ich mag es einfach, Dinge und Momente festzuhalten, die Andere so nicht gesehen hätten. Das ‚mit anderen Augen durch die Welt gehen‘. Mich einfach selbst über ein gelungenes Bild freuen. Das sollte doch eigentlich auch Grund genug sein, oder? 🙂

Viele Grüße! Jasmin

Hallo Jasmin! Die Motivation ‘mit anderen Augen durch die Welt gehen’ und sich über die Ergebnisse zu freuen, ist definitiv Grund genug. Übrigens bin ich was deine Instagram Fotos angeht ein Fan deiner Sichtweise. Deine Bilder dort gehören jedenfalls zu der Kategorie von Fotos, die man sich gerne länger als drei Sekunden anschaut. Mach weiter so! 🙂 VG, Ivan

Gute Frage!
Mich begeistern schöne Landschaften, die Herausforderung, die Technik (sowohl Kamera als auch Nachbearbeitung) zu beherrschen und dass mich all dies in die Natur oder mit immer neuen Menschen zusammen bringt.
Macht einfach Spaß und bringt schöne Erinnerungen mit sich.

Hallo Petra! Das ist ein interessanter Punkt, den du da ansprichst. Die Kamera bringt einen in die Natur oder mit immer neuen Menschen zusammen. Das empfinde ich genau so. Super! 🙂 Wünsche dir noch weiterhin viel Spass mit der Fotografie! VG, Ivan

Hallo Ben! Das ist wohl wahr. Fotografie ist immer persönlich und subjektiv! Hast du da eine bestimmte Vorgehensweise, wie du gezielt deinen Bildern deinen „Stempel“ aufdrückst oder geschieht das eher spontan? VG, Ivan

Ne, einen Stempel gibt es da nicht. Das passiert unterbewusst bei jeder noch so kleinen Entscheidung die ich treffe und ist im ständigen Wandel. Ich bin gespannt wo die Reise noch hingeht.

Coole Einstellung Ben, wobei man bei den meisten deiner Bilder schon das Gefühl hat, dass du nicht mehr auf der Reise bist, sondern eher bereits angekommen. Die „Lila Überraschung“ oder auch die Bilder von Elena sind einfach toll!!! 🙂

Hallo Ivan,

in meine Augen haben der Beitragsinhalt und deine gestellte Frage nur sekundär miteinander zu tun! Denn du sprichst im Beitrag über Gründe und Erfahrungen, warum du Bilder veröffentlichst, fragst dann aber, warum wir gerne fotografieren.

Ich fotografiere gerne, weil ich mich an schönen, visuellen Momentaufnahmen erfreue. Sie sind auch eine gute Erinnerungsstütze, wenn ich Bilder von längst vergessenen Augenblicken wiederentdecke und mir dadurch das Erlebte wieder präsent ist.

Ich veröffentliche meine Fotografien gerne, weil ich mich der Welt mitteilen möchte. Andere sollen sehen, wie ich meine Umwelt wahrnehme. Zusätzlich ist es das Größte für mich, wenn ich den Glanz in den Augen oder die Freude über die Ergebnisse derjenigen mitbekomme, die ich fotografiert habe.

Gruß
Mario

Hallo Mario, der Grundtenor meiner Fragestellung war eher als Anreiz gedacht alles zu hinterfragen. Ob allerdings mein Grund, wieso ich Bilder veröffentliche sich wirklich so sehr von dem Grund, wieso ich fotografiere so massiv unterscheidet, sei mal dahingestellt. Ich glaube, darüber könnte man sich stundenlang austauschen und miteinander diskutieren. Ich find’s übrigens gut, dass du „Erinnerungsstütze“ erwähnst. Meinst du das so, dass ein Foto nicht objektiv sein kann, sondern der Ausdruck immer Teil der subjektiven Sichtweise, der eigenen Erinnerung daran sein wird? VG, Ivan

Zunächst einmal: toller Beitrag, nett zu lesen und da gibt man natürlich auch gerne einen Kommentar ab! 🙂

Anfangs fotografierte ich dokumentarisch, sprich ich wollte als Bild haben, was ich gesehen und erlebt habe. Mit einer kleinen Kompakten war für mich auch nicht viel mehr möglich.
Irgendwann packte mich dann das Fieber sodass ich nicht nur etwas einfach so darstellen wollte sondern mich damit bewusst beschäftigte… mit der DSLR wurde dies dann auch möglich.

Grüße,
Foto UNICO

Hallo Foto UNICO, herzlich willkommen auf meinem Blog und Danke für deinen Input. Ich find’s immer spannend zu lesen, was andere bewegt zu fotografieren. Das liest sich einfach immer gut. Und dokumentierende Fotografie ist gar nicht so einfach, wie man das glaubt. Finde deine Umsetzung gut. Ich find’s auch klasse, dass du PGP verwendest 😉 Weiterhin viel Spass und gutes Licht wünsch ich dir. VG, Ivan

Sehr schön dargelegt, Ivan. Diese Phänomen kann man auch in der Videolog Szene beobachten. Im Grunde ist es ja egal. Hauptsache es macht einem selbst Spaß und man kann einen selbst und andere Leute damit unterhalten.
Angefangen hat es bei mir mit bewegten Bildern. Dann musste ich aber schnell feststellen, dass dies doch mehr Zeit beansprucht als ich zuvor dachte und es wurde schnell langweilig. Bevor irgendwie ein Bild aufgenommen werden kann, sollte zumindest vorher ein Konzept stehen, was man überhaupt machen will. So hab ich mich dann oft dabei erwischt, wie ich durch den Sucher der Kamera geschaut hab und mit dem Foto Knopf Momente aufgenommen habe.
Nach einiger Zeit hab ich mir dann endlich eingestanden, dass mir das doch kein Spaß macht und stehende Bilder mich irgendwie doch mehr faszinieren. Im Laufe der Zeit wurde mir dann klar, dass es überhaupt wenig Bilder von meiner Familie nach meiner Jugend gab. So hab ich dann angefangen, mit meiner neuen Fotokamera, auf den meisten Events mit meiner Familie zusammen Bilder zu machen um mich irgendwann besser an sie erinnern zu können.
Die Freude war groß, weil ich das Ergebnis sofort sehen konnte und nicht erst tagelang am Rechner die Bilder in mein Konzept umbauen musste. Genau das reizt mich auch weiterhin. Du bewegst Dich irgendwo mit Deiner Kamera und siehst ein Ausschnitt, der es verdient von allem anderen losgelöst alleine gezeigt bzw dargestellt zu werden.
Wie Du auch schon ein einem Deiner anderen Blog Einträge gesagt hast, wird das Gefühl noch einmal verstärkt, wenn der Moment kommt, dass die eigenen Fotos auf einmal auf Papier zu sehen sind. Sie sind quasi wieder greifbar geworden, wenn man es mit viel Fanatsie ausdrücken möchte. Es macht einfach Spaß.

VG
Timo

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