Vor Kurzem habe ich mir mal wieder ein Objektiv gemietet und heute möchte ich euch meinen kleinen Erfahrungsbericht und einige Bilder aus diesem Testzeitraum vorstellen.
Ab und zu gönne ich mir diesen Luxus und hole mir für kleines Geld ein paar hochwertige Linsen ins Haus. Es sind meist Objektive, die ich mir normalerweise nie kaufen würde, da sie entweder zu teuer sind oder deren Verwendungszweck ich zu selten finden würde. Neben dem online Dienstleister lensavenue.com, den ich fast schon regelmäßig nutze, war ich dieses Mal beim Sigma Leihservice. Es gibt dort zwar nicht den Komfort, den mir Lensavenue mit seinem online Shop und Kunden Login bietet, aber es funktioniert und insgesamt bin ich damit zufrieden gewesen. Ich kann den Sigma Leihservice guten Gewissens weiterempfehlen. (Ich wurde übrigens weder von Sigma gefragt, noch bezahlt. Ganz im Gegenteil, ich habe diesen Leihservice freiwillig in Anspruch genommen und habe dafür bezahlt.)
Zurück zum guten Stück. Ich habe mir das Sigma 35 mm f/1,4 DG HSM Objektiv gemietet und hatte es eine Woche lang auf meiner Nikon D600 drauf. Es passte ganz gut, da ich zeitgleich auch im Urlaub war und somit etwas mehr auch Freizeit hatte haben durfte 🙂
In meiner Festbrennweiten Sammlung fehlt noch ein 35mm Objektiv. Das Pendant von Nikon (AF-S Nikkor 35 mm 1:1,4G) kostet fast exakt das Doppelte. Und auch wenn ich bei Objektiven auf Nikon fast schon schwöre, ist mir der Preis dafür einfach zu hoch. Die Alternative ist zwar das ältere Nikon 35mm f/2,0 AF-D, aber Blende 2 ist nun mal nicht Blende 1,4. (Ja ich fotografiere sehr gerne mit einer Blende 1,4). Ich weiß, man kann nicht alles haben, aber als Sigma dieses 35mm f/1,4 Objektiv vor einigen Wochen ankündigte, dachte ich wirklich meine Gebete wurden nun erhört. Und ohne das Nikon 35mm f/1,4 je in den Händen gehalten zu haben, kann ich mir mittlerweile nach der einen Woche mit dem Sigma Objektiv kaum noch vorstellen, dass der hohe Nikon Preis gerechtfertigt ist.
Dieses Objektiv stammt aus der neuen SIGMA Art-Produktlinie und ist für Kameras mit FX (Kleinbild Vollformat) Sensoren gedacht. Sigma beschreibt den „Art“ Zusatz mit dem folgenden Satz: „Unübertroffene Ausdrucksstärke – Objektive für den Künstler in Ihnen.“ Der Name ist hier also tatsächlich Programm. Als ich das Objektiv aus der Verpackung nahm, war ich sehr angetan von der hochwertigen Verarbeitung und der Haptik.
Kurz zu den technischen Daten: es besitzt 13 Linsen in 11 Gruppen, 9 Blendenlamellen, der Filterdurchmesser beträgt 67mm, es wiegt 665 Gramm, hat eine Naheinstellgrenze von 30cm, einen diagonalen Bildwinkel von 63.4° und einen Abbildungsmaßstab von 1:5,2.
Das Objektiv kostet knapp 800,- EUR und fühlt sich einfach wahnsinnig gut an. Ich wollte es gar nicht mehr aus der Hand geben. Geliefert wird es in einem kleinen weißen Karton, incl. Gegenlichtblende und einer für Sigma typischen Objektiv Tasche. Insgesamt machte alles einen sehr wertigen Eindruck.
Was mich persönlich am meisten interessiert, war und ist natürlich die Abbildungsleistung bei offener Blende. Die folgenden Bilder sind daher meistens mit einer Blende zwischen 1,4 und 2,8 entstanden. Auch war mir wichtig, wie ich das Objektiv in verschiedenen Situationen einsetzen kann und ob ich mir tatsächlich vorstellen könnte, es zu kaufen. Vorab kann ich schon mal als Fazit festhalten: seit ich dieses Objektiv das erste mal ausgepackt habe und das erste Foto damit schoß, will dieses unglaublich emotionale und Riesen „habenwollen“ Gefühl in mir einfach nicht mehr enden Diese Linse ist jeden Cent wert und gehört mit Sicherheit auch bald mir!
Das Objektiv
Das Objektiv ist aus solidem Metall gefertigt und besitzt ein ordentliches Gewicht. Es fühlt sich sehr wertig an. Der Fokusring ist recht breit und läuft angenehm weich und zuverlässig. Die Haptik erinnert fast schon ein wenig an die Zeiss Distagon Schätze. Es gibt am Objektiv noch einen kleinen Schalter, mit dem man während des Betriebs den Autofokus deaktivieren kann (AF/MF Focus).
Der Autofokus
Der Autofokus ist Dank Sigma’s HSM Ultraschallmotor (Hyper Sonic Motor) schnell und zuverlässig und man kann wie bei Nikon’s AF-S Objektiven mit SWM (Silent Wave Motor) manuell in das Fokusieren eingreifen. Canon nennt das übrigens USM (Ultrasonic Motor System). Und auch wenn im Produktnamen die beiden Buchstaben „IF“ fehlen, besitzt dieses Objektiv eine Innenfokussierung. Das bedeutet, dass die Außenlinse sich beim Fokusieren nicht mit dreht. Das ist sehr praktisch, wenn man einen Polarisations- oder Verlaufsfilter verwendet.
Abbildungsleistung
Die Abbildungsleistung ist bei jedem Objektiv natürlich der entscheidende Faktor. Allerdings habe ich die Bildfehlerkorrektur, die bei diesem Objektiv durch Einsatz von FLD (“F” niedrige Dispersion) und SLD Glaselementen (speziell niedrige Dispersion) realisiert wurde, natürlich nur subjektiv testen können. Mein persönlicher visueller Eindruck ist mir wichtiger, als alle Laborwerte dieser Welt. Daher kann ich wenig technische Infos liefern, ob und wie stark Abbildungsfehler wie etwa Reflexe, Geisterbilder oder chromatische Aberrationen (Farbquerfehler und Farblängsfehler) mit diesem Objektiv auftreten.
Schärfe
Das Sigma Objektiv ist bei Blende 1,4 schon angenehm scharf. (Siehe das direkte Portrait unten in der Serie.) Je weiter ich abblende, desto schärfer wird es. Bei Blende 5 etwa erreicht es meiner Meinung nach die Spitze des Möglichen. Simpel gesagt ist es dann einfach nur rattenscharf. Den berühmten Satz, wie scharf es bei offener Blende zum Rand hin abbildet, kann ich übrigens persönlich nicht nachvollziehen. Wenn ich bei Blende 1,4 einen recht kleinen Bereich im Bild habe, der scharf abgebildet wird und der Rest drumherum im „Bokeh“ ausgeblendet wird, ist es mir relativ egal, ob der Rand nun scharf ist oder nicht 🙂
Verwendungszweck
Da ich das Objektiv nur eine Woche lang hatte, habe ich natürlich versucht, verschiedene Situationen damit abzulichten. Ob nun in der Stadt bei der Street Fotografie (dort besonders), vor einer Landschaftkulisse, als Portrait Objektiv oder als möchtegern Makro Linse zur Objekt Fotografie. Für mich persönlich ist es ein echter Allrounder und ich hatte in jeder Situation das Gefühl, ich habe die richtige Linse mit. Und besonders in geschlosenen kleineneren Räumen erwies es sich als echter Schatz, da 35mm an einem FX Vollformat Sensor den nötigen Spielraum boten.
Fazit
Was soll ich sagen?! Ich habe mich verliebt. Ich will dieses Objektiv haben. Punkt! 🙂 Ich hatte selten so viel Spass mit einer Linse. Man muss natürlich Festbrennweiten mögen, aber wer kein Zoom-Typ ist und wem noch ein 35mm Objektiv fehlt, sollte hier zugreifen. Für dieses Geld bekommt man hochwertige Qualität, an der man sich wahrscheinlich noch Jahre erfreuen kann.
p.s.
Da dies nur mein subjektiver Erfahrungsbericht ist und einen Test unter Laborbedingungen nicht ersetzen kann, möge man mir bitte verzeihen, wenn ich die technischen Details hier ausblende. Im WWW gibt es zahlreiche links mit mehr technischen Testabläufen und Infos dazu, wer mag. Ich zeige nur Bilder und schwärme vom Objektiv 🙂 Aber sofern es mir noch möglich ist, werde ich natürlich gerne Fragen zu den Bildern und den Aufnahmesituationen beantworten. Exif Daten gebe ich auch gerne weiter, sowie auch die unbearbeiteten Original Dateien, sofern gewünscht.
p.p.s.
Danke an dieser Stelle noch mal an Thorsten Krauss und Michael Wünsche für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung ihrer beiden Portraits in dieser Serie.
10 Kommentare
Kommentieren →Hi Ivan,
schöner ausführlicher Bericht. Da gibt es dann auch nur noch eines zu sagen: Die Bilder sprechen Bände. Tolle Fotos sind mit dem Objektiv entstanden. Also nun Sparen 😉
Viele Grüße
Marcel
Dankeschön Marcel! Und Sparen ist ja grundsätzlich nicht verkehrt. Umso schöner natürlich, wenn man auf so ein tolles Objektiv hin spart 🙂
Ich hatte das Teil letztens auch mal in der Hand und auch an der Cam. Leider war hier der Blendenriegel defekt, so dass man die Blende nur bis Blende 2 oder 2,8 schließen konnte. Aber die Abbildungsqualität war nicht schlecht. Da ich auch in die Richtung 35/1.4 schiele weiß ich im Moment nicht so ganz, ob ich auf das Nikon oder das Sigma sparen soll.
Blende 2 ist zwar auch nett, aber du solltest dir das Objektiv noch mal irgendwo leihen, falls möglich. Ich war bereits bei Blende 1,4 von der Schärfe beeindruckt. Der Vollständigkeithalber hätte ich zwar auch liebend gerne das Nikon Pendant getestet, allerdings bietet es kein mir bekannter Nikon ausgestatteter Verleih zur Miete an. Weder Lensavenue, GM-Foto noch 711Rent. Kennst du zufällig jemanden hier in Frankfurt, der das Nikon hat?
Über die Schärfe brauchen wir glaub ich nicht reden. Die ist Bestens. Auch die Abbildungsleistung fand ich okay. Die Sache ist einfach, dass das Teil recht neu war und schon einen Schaden hatte, der nicht hätte sein sollen. Bei Nikon würde ich mir halt versprechen, dass eben das nicht passiert 🙂
Ein weiterer Punkt, den ich pro Nikon sehe ist, dass der Nikon Service Point in Dreieich bei mir direkt um die Ecke sitzt. Allerdings hat sich das gerade bei mir relativiert. Denn ich habe durch Zufall herausgefunden, dass Sigma seinen Deutschlandsitz in Ober-Roden hat. Wenn mit dem guten Teil was wäre, dann wäre Sigma ja auch direkt um die Ecke. Ich glaube, das setzt das Sigma nun doch wieder vor’s Nikon 🙂
Also bleibt es letztendlich doch nur entweder die Vernunft oder das Budget, das darüber entscheidet 😉
Yep, es ist einfach Rattenscharf
Ich denke, sowas kann bei jedem Hersteller mal passieren. Ich hab neben meiner Nikon Armada auch noch andere Hersteller neu eingekauft und ich hatte noch nie ein „Montags“ Objektiv. Mag sein, dass die Wahrscheinlichkeit bei Nikon geringer ist. Aber wenn man so eins mal erwischt, sollte ein Umtausch doch normalerweise problemlos möglich sein.
Sehr interessanter Bericht. Ich habe mich ja nun für das 28mm 1.8g entschieden, aber die Bilder, die das Sigma hier liefert – insbesondere bei offener Blende – sind schon toll. Die Bildwirkung ist echt ziemlich edel…
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