Hi there! I’m Larry!

So in etwa kam der Kerl ganz locker auf mich zu und stellte sich vor. Eigentlich war ich relativ flott unterwegs und wollte in den letzten hellen Stunden meines wohl verdienten Feierabends noch eifrig einige interessante Gesichter auf den Strassen Dallas‘ finden. Aber Larry ließ nicht locker und fing an zu erzählen, was er zu erzählen hatte. So kamen wir recht schnell ins Gespräch. 🙂

Sein Bruder war in der US Army in Frankfurt stationiert und er selber arbeitet in einem Museum in Dallas und verkauft nebenbei noch Zeitungen auf der Strasse. Er hatte mir heute eine Privatstunde über das tragische Ende von John F. Kennedy am 22. November 1963 an der Dealey Plaza, an der wir uns auch befanden versucht zu vermitteln. Versucht, weil ich seinem texanischen Akzent nur schwer konzentriert folgen konnte Es war aber sehr spannend, seinen persönlichen Ausführungen zu lauschen und vor allem auch, seiner „Verschwörungstheorie“ Gehör zu schenken. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich neben seinen beiden anfangs erwähnten Jobs noch zusätzlich als Fremdenführer nebenbei seine Brötchen verdient.

John F. Kennedy war der 35. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika und am 22. November 1963 wurde durch sein Attentat leider hässliche Geschichte geschrieben. Zwei Gewehrschüsse trafen ihn tödlich. Damals wurde Lee Harvey Oswald festgenommen und einige Tage danach wurde auch Oswald von einem gewissen Jack Ruby getötet.

Kennedy fuhr damals in einem Wagen mit offenem Verdeck durch Dallas, einem dunkelblauen 1961er Lincoln Continental X-100. (Ihr hättet die strahlenden Augen von Larry sehen müssen, als er das gesagt hatte…). Die Strecke auf der er dieser Tat erlag war nicht weit entfernt vom damaligen Veranstaltungsort seiner politischen Reise. Von der Houston Street, die den Gebäudekomplex der Dealey Plaza nach Westen begrenzt, fuhr das Auto auf das Schulbuchdepot des Staates Texas zu. Hier bog das Kennedy Auto in einer 120 Grad Kurve in westlicher Richtung in die Elm Street ein. Auf halber Strecke etwa zwischen dem Schulbuchdepot und einem hinter einem Bretterzaun gelegenen Grashügel stand Abraham Zapruder. Dieser filmte den vorbeifahrenden Wagen des Präsidenten zufällig mit seiner 8mm Kamera. Zu diesem Zeitpunkt wohl hatte der damalige Gouverneur Connally an den hinter ihm sitzenden Präsidenten folgendes gesagt: „Mr. President, man kann nicht sagen, dass Dallas Sie nicht liebt“. Und  Kennedy hatte zugestimmt: „Nein, das kann man ganz sicher nicht sagen.“ Das waren wohl seine berühmten letzten Worte, kurz bevor er ermordet wurde.

Die relativ plastischen Details die mir Larry von der Ermordung Kennedys erzählte, wie und wo er getroffen wurde, wie er danach aussah und wo überall das Blut zu sehen war, erspare ich euch. Er konnte das wirklich gut beschreiben. Wenn ihr danach google’t, findet ihr reichlich Informationen darüber.

Ach ja, neben all den Fakten, die er mir bilderbuch-artig vermittelte, kam er am Ende natürlich noch zu dem Punkt, mir die „wahre“ Story hinter der offiziellen Version zu erzählen. Jedenfalls versuchte er es. Aber dazu gleich.

Er sagte, dass damals die Warren-Kommission über diese Ermordung zu dem Ergebnis kam, dass Oswald alleine handelte. Der später einberufener Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses (HSCA) ging aber davon aus, dass es neben Oswald mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit noch einen unbekannten Mittäter gegeben haben könnte. Larry erwähnte relativ nüchtern, dass die USA in zwei Lager gespalten war: eine große Mehrheit der Amerikaner geht von einer Verschwörung aus und das andere Lager, dazu gehören wohl Presse, Fernsehen und auch eben Historiker glaubt überwiegend an die Alleintäterthese.

Und nun kommen wir zu dem Höhepunkt. Larry sagte, ja es war wohl eine zielgerichtete und eben auch eine konspirative Tat, die zu diesem Zeitpunkt wohl mächtigen politischen Einfluss hatte. Nach diesem Satz schwieg Larry für einige Sekunden und schaute mit einem leeren Blick irgendwo in die Ferne hin. Das war schon ziemlich „scary“. Ich musste ihn am Ärmel zuppeln, um ihn wieder in die Realität zurück zu holen. Als ich ihn fragte, wer denn nun John F. Kennedy wirklich ermordet hatte, sagte er nur trocken: „Only God knows!“. Mehr konnte ich aus ihm nicht herauskitzeln. There we go! Es ist wie es ist. 🙂

So jedenfalls erzählte es mir mein für diesen Tag ganz persönlicher Fremdenführer. Ich hatte nicht den Eindruck, dass er mir Geschichten erzählen wollte oder das alles einfach nur machte, weil er Geld von mir haben wolte. Ganz im Gegenteil, er lehnte es ab, als ich ihm ein paar Dollar dafür anbot. Er hatte während der ganzen Zeit diese unglaublich leuchtenden Augen, die so voller Emotionen brannten. Es war eine Mischung aus infantilem Redefluss und einer etwas beängstigenden Verzweiflung, die von ihm ausging. Das war wirklich beeindruckend. Vielleicht muss er das immer wieder regelmäßig loswerden, weil es für ihn offensichtlich ein traumatisches Erlebnis war. Ich kann es mir nicht anders erklären.

Und dennoch war es ein Erlebnis. Wir standen die ganze Zeit auf diesem kleinen Hügel, auf dem auch Abraham Zapruder stand, als er das alles filmte. Bezeichnend fand ich an dieser Begegnung, dass Larry mir all das frei erzählte. Wie aus einem Guss beschrieb er all die kleinen Details, die ich mir mit etwas Mühe noch zusätzlich aus dem Internet für diesen Artikel besorgen musste, einfach weil ich mir nicht alles merken konnte. Larry war wohl damals 5 Jahre alt und saß auf dem Schoß seines Vaters, wohl unweit vom Tatort entfernt und hatte das alles mit eigenen Augen mit ansehen müssen. Seit dem beschäftigte ihn diese Geschichte und anscheinend hat er sich die letzten Jahre wohl ziemlich gut damit auseinander gesetzt.

Quellen:
– http://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_auf_John_F._Kennedy
– http://de.wikipedia.org/wiki/JFK_%E2%80%93_Tatort_Dallas
– http://en.wikipedia.org/wiki/John_Fitzgerald_Kennedy_Memorial
– http://www.jfk.org/

2 Kommentare

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Eine sehr schöne Story, gut und interessant geschrieben, mit schönen Bildern. Man konnte sich richtig „reinfühlen“ – und es regt sogar etwas zum Philosophieren an… Danke für den kleinen Einblick!

Danke Jörg für dein Kommentar. Du hast Recht, der Kerl hat bei mir einen echten Eindruck hinterlassen. Ich muss heute noch darüber nachdenken. Das war aber auch spannend, wie er das erzählt hat.

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